Christlicher Antijudaismus

Die Probleme und Widersprüche, die die Aufnahme jüdischer Menschen in einer christlichen Umwelt bereiteten, lassen sich an dem Altarblatt zeigen, das Carl Damian von Welden 1726 für die Laupheimer Friedhofskapelle bei dem angesehenen süddeutschen Kirchenmaler Johann Georg Bergmüller in Auftrag gab. Ein Ölgemälde zeigt den Stifter und seine Gemahlin vor einem Altar kniend, über dem Maria mit dem Jesuskind schwebt. Sie empfehlen Laupheim, das auf dem gemalten Altarvorsatz dargestellt ist, in den Schutz der Gottesmutter. Indem der Stifter die Juden in den Schutz seiner Herrschaft aufnahm, unterstellte er sie wie seine übrigen Untertanen dem Schutz der himmlischen Mächte. Das aber kollidierte mit dem Judenbild der christlichen Kirchen, die in den Juden unbelehrbare Gottesmörder sah.

Dies negative Judenbild gewann vor allem in der Volksfrömmigkeit der Gegenreformation breiten Raum, wurde in Bildern, Wallfahrten und Mysterienspielen populär. Volkstümliche Grafiken, Skulpturen und Nachbildungen des Heiligen Grabes in Jerusalem etwa zeigten den leidenden Christus mit drastisch dargestellten Wundmalen und Geisselspuren. Während die Judendarstellungen des Alten Testaments meist frei von Verzerrungen waren - diente doch die Deutung von Teilen des "Alten Bundes" als Hinweis auf Christus der Legitimierung der jüngeren christlichen Religion - vermittelten insbesondere Bildwerke aus dem Kontext der Passion unterschwellig antijudaistische Ressentiments und schürten damit den Hass auf die angeblichen Gottesmörder.

Im Gegensatz zum Judentum, das eine Religion der Schrift ist, war der Katholizismus besonders der Gegenreformation vor allem eine Religion der Bilder. Der Alltag der Menschen war durchsetzt mit religiösen Zeichen und Ritualen. Bildwerke und Reliquien vermittelten zwischen himmlischer und irdischer Weit. Eine wichtige Mittlerrolle spielten dabei die Heiligen, die als Schutzpatrone für alle Nöte und Krankheiten in den Alltag der Menschen eingebunden waren. Im Ortsbild waren diese christlichen Ikonen in Form von Hausfiguren allgegenwärtig. Weiche Bedeutung diese auch im Ortsbild in Form von Hausfiguren sichtbare Allgegenwart christlicher Ikonen für Juden hatte, zeigt die Erinnerung Berthold Auerbachs: "Da die Mehrheit meines Heimatdorfes katholischer Confession ist, waren an Häusern und Wänden, offen und unter Glasrahmen, viele Heiligenbilder zu sehen; aber ich wendete den Blick nicht darauf, das war religiöses Gebot, und dazu hatte ich schon zu früh das Gefühl, daß die hier Dargestellten daran schuld sind, daß wir Juden so vielfach hintangestellt und verspottet werden."

 


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