Carl Laemmle und Universal Pictures
Carl Laemmle
- auf dem Bild mit Albert Einstein - (1867-1939), emigrierte
1884 aus Laupheim nach den USA und arbeitete sich als
Angestellter und Buchhalter in verschiedenen kleinen Geschäften
hoch. Er stieg 1906 in das NICKELODEON-Geschäft und kurze Zeit
später - unter dem Titel Laemmle Film Service - ins
Verleihgeschäft ein. Er widerstand den Monopolpraktiken der
MOTION PICTURE PATENTS COMPANY, indem er mit ihr eine Reihe von
Gerichtsprozessen ausfocht. Mittel dieses Kampfes waren auch
1909 seine Gründung einer eigenen Produktionsgesellschaft, der
Independent Motion Picture Company (IMP), und die Erfindung des
STARSYSTEMS, als Laemmle die schon als BIOGRAPH GIRL bekannte
Florence LAWRENCE anheuerte und sie als «Imp Girl» aufbaute. IMP
wurde der Kern eines Anti-Trust Konsortiums, das sich 1912 als
UNIVERSAL Pictures etablierte. Laemmle produzierte STROHEIMs
erste Filme Blind Husbands (1918), The Devil's
Passkey (1919) und Foolish Wives (1921), trennte
sich aber dann von ihm nach einem Streit über die
verschwenderische Ausstattung von Merry-Go-Round (1922).
Obwohl er bis 1936, als er von seinen Geldgebern zum Rücktritt
gezwungen wurde, Direktor blieb, hatte sein Interesse am Film
nachgelassen, und die Produktion leitete 1929 bis 1936 sein
Sohn, Carl Laemmle jr.
Die wichtigsten Filme der Universal Pictures, darunter auch ALL QUIET ON THE WESTERN FRONT (1930), sind auf Laemmle jr. zurückzuführen. Laemmle konzentrierte sich inzwischen auf philanthropische Arbeiten, hauptsächlich in Deutschland und auch in seiner Heimatstadt Laupheim. Eine ausführliche Darstellung findet sich in John Drinkwaters offizieller Biografie, «The Life and Adventures of Carl Laemmle» (London 1931), die ihn als klein und wohlmeinend bezeichnet, was als Beschönigung seiner Vetternwirtschaft zu verstehen ist (Ogden Nash schrieb daraufhin die Zeilen «Uncle Carl Laemmle has a very large faemmle»), und als einen der wenigen großen Hollywoodbosse darstellt, an die man sich mehr mit Zuneigung als mit Furcht erinnerte.
Universal Pictures entstand 1912 als amerikanische Produktions- und Verleihgesellschaft, aus der Zusammenlegung von Carl Laemmles Independent Motion Picture Company (IMP) und einigen kleineren Firmen, darunter Nestor und Powers. Laemmle zog mit seiner Gesellschaft von New York nach Hollywood, nicht nur wegen der günstigen klimatischen und landschaftlichen Bedingungen, sondern auch wegen der Nähe der mexikanischen Grenze, über die die Widersacher der monopolistischen MOTION PICTURE PATENTS COMPANY - zu deren engagiertesten Führern Universal gehörte - ausweichen konnten, wenn sie Beschlagnahmungen oder ähnliche Aktionen auf Grund ihrer Verletzung des Patentrechts befürchten mussten. Sein Studio errichtete er auf einer 100 Hektar großen Hühnerranch im San Fernando-Tal; daraus wurde 1915 Universal City, die erste ganz der Filmproduktion gewidmete Stadt.
Der Erfolg der Universal beruhte zunächst auf Laemmles Vertrauen in das STARSYSTEM (er war der erste Produzent, der mit dem Namen eines Stars - Florence LAWRENCE - warb). Der profilierteste Regisseur der Firma war Erich von STROHEIM, der hier seine ersten Filme inszenierte.
Die normalen Produktionen der Firma waren jedoch
bescheidener: Western, romantische Abenteuer, Komödien und
später Horrorfilme machten den Löwenanteil der Produktion aus.
Zu ihren Westernhelden gehörten populäre Figuren wie Harry CAREY
(mit dessen Filmen John FORD als Regisseur begann), Ken Maynard
und Johnny Mack Brown; exotische Romanzen lenkten die
Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf Rudolph VALENTINO und
Maria Montez, populäre Komödienserien drehten sich um Reginald
DENNY und Laura La Plante, Charlie Murray und George Sidney von
The Cohens and Kellys (1926) und später ABBOTT AND
COSTELLO; außerdem produzierte Universal die letzten Komödien
von Mae WEST und W. C. FIELDS. Am berühmtesten ist das Studio
jedoch für seine Horrorfilme: Fast alle Vorläufer des Genres,
namentlich frühe Filme Tod BROWNINGs mit Lon CHANEY sowie viele
der frühen Klassiker von James WHALE mit Stars wie Boris KARLOFF
(FRANKENSTEIN) und Bela LUGOSI (DRACULA) waren Produktionen der
Universal. Unter den selteneren ambitionierten Werken ragen vor
allem ALL QUIET ON THE WESTERN FRONT (1930) und die
SCREWBALL-Komödie MY MAN GODFREY (1936) heraus.
1936 wurde Laemmle gezwungen, sich aus dem Management des Studios zurückzuziehen, und Universal wurde von zwei Amerikanern, J. Cheever Cowdin und Nate Blumberg, sowie einer Gruppe von britischen Finanziers, darunter L. W. Farrow und J. Arthur RANK übernommen. Die Verbindung mit Rank war sehr profitabel, da die Universal damit sowohl die Vertriebsrechte aller Rank-Produktionen in Amerika als auch ein solides Vertriebsnetz ihrer Produkte in England gewann. Mit Ausnahme der Rank/Universal-Cooperationen wagte sich das Studio nur selten an überseeische Produktionen und hatte bei den wenigen Malen, an denen sie dies aus Prestigegründen tat, fast nie Erfolg.
Vor allem in den 40er Jahren wurde das Studio durch seine fast vollkommene Abhängigkeit von den Filmen Deanna DURBINs, Abbott and Costellos und des «sprechenden» Maultiers Francis erheblich geschwächt und 1946 zu einer Fusion mit den International Pictures von Leo Spitz und William Goetz gezwungen.
In den 50er und frühen 60er Jahren, als die von der Universal verfolgte Produktionspolitik nicht mehr tragfähig war, da Billigware weitgehend eine Sache des Fernsehens wurde, wandte sich das Studio ambitionierteren Projekten zu und stützte sich vorwiegend auf die Melodramen des Produzenten Ross Hunter, die meist von Douglas SIRK inszeniert wurden, sowie später auf die Komödien um Doris DAY und Rock HUDSON. Zu den bemerkenswertesten Filmen, an denen die Firma in den 60er und 70er Jahren beteiligt war, gehören Spartacus (1960), To Kill a Mockingbird (1962), Charade (1963), Sweet Charity (1969), der Kassenrenner Airport (1970) mit seinen Nachfolgefilmen, in deren Bereich auch KATASTROPHENFILME wie Earthquake (1974) gehören. Es folgten American Graffiti (1974), Jaws (1975) und die letzten Filme Alfred HITCHCOCKs von The Birds (1963) bis Family Plot (1976).
Mitte
der 60er Jahre gelang es dem damaligen Präsidenten Lew
Wasserman, Universal zu einem der wenigen erfolgreichen Studios
zu machen, indem er dessen Aktivitäten vorwiegend auf die
Fernseharbeit konzentrierte und Fernsehserien oder für das
Fernsehen bestimmte Spielfilme herstellen ließ; außerdem
erschloss er - an eine Tradition anknüpfend, die schon Laemmle
mit seinen Studioführungen um 1915 begonnen hatte - eine
beachtliche Einnahmequelle, indem er in Universal City ein
Touristenzentrum einrichtete, von dem aus täglich riesige
Besuchermengen durch die Ateliers und das Freigelände des
Studios geschleust werden. Auch mit Spielfilmen werden heute
wieder gute Geschäfte gemacht; zum einen mit Remakes von
Universal-Klassikern ("The Mummy") und Fortsetzungen neuerer
Erfolge ("Blues Brothers") und zum anderen mit Neuerscheinungen
von "Jurassic Park" bis "A Beautiful Mind".
Filmausschnitt - Die Geschichte von Universal Pictures |
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